Nachfolgeplanung mit Wirkung
12 August 2025
Impulse für ein zukunftssicheres Nachfolge- und Talent-Management
Nachfolgeplanung wurde in vielen Organisationen lange eher beiläufig behandelt. Heute jedoch ist sie ein zentrales Steuerungsinstrument für nachhaltige Führungs- und Unternehmensentwicklung.
Der vorliegende Point of View illustriert, wie Unternehmen Nachfolgeplanung strategisch, wirksam und anschlussfähig gestalten können. Er basiert auf der Key Note des Autors „Nachfolgeplanung mit Wirkung“, gehalten auf dem DGFP Kompetenzforum Nachfolgeplanung am 2. Juli 2025.
Warum Nachfolgeplanung heute Chefsache ist
Nachfolgeplanung ist kein abstraktes Konzept – sie wirkt konkret und unmittelbar. Sie beeinflusst die unternehmerische Stabilität, die Entwicklung der Unternehmenskultur sowie das Vertrauen in das Management wie auch die Organisation als Ganzes.
Beispiele wie Apple zeigen, wie durch strategische Voraussicht ein erfolgreicher Übergang in der Unternehmensleitung gelingen kann. Als Steve Jobs seine CEO-Rolle an Tim Cook übergab, war der Prozess über Jahre hinweg vorbereitet worden. Der Börsenkurs des Unternehmens entwickelte sich im Anschluss ohne Einbrüche weiter extrem positiv. Das Gegenteil zeigt der Fall GE, wo der Wechsel an der Spitze mit Irritationen und einem massiven Wertverlust verbunden war.
Nachfolgeplanung als strategisches Risikomanagement
Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, Nachfolgeplanung auf das Führen einer Liste potenzieller Kandidat:innen zu reduzieren. In Wirklichkeit ist sie ein strukturierter, kontinuierlicher und zukunftsgerichteter Prozess zur Absicherung kritischer Rollen.
Anders als Ersatzbesetzungen oder im individuellen Talent Management, stellt Nachfolgeplanung systemisch sicher, dass die Organisation auch bei Führungswechseln handlungsfähig bleibt.
Voraussetzung ist ein klarer Fokus auf die Zukunftsanforderungen von Rollen, die Verankerung auf oberster Ebene und die Integration in übergreifende HR- und Leadership-Strategien.
Design-Hebel erfolgreicher Nachfolgeplanung
Ein typischer Nachfolgeprozess umfasst vier Phasen: Vorbereitung, Nominierung, Validierung und Follow-up. Entscheidend für seine Wirkung sind jedoch die strategischen Weichenstellungen entlang zentraler Gestaltungsfragen:
- Wie breit soll der Zielgruppenfokus sein – nur Top-Management oder auch kritische Funktionen auf unteren Ebenen?
- Sollen nur interne oder auch externe Kandidat:innen berücksichtigt werden?
- Wie partizipativ ist der Prozess gestaltet – sind Selbstnominierungen möglich oder ausschließlich Vorgesetztenvorschläge?
- Wie transparent wird mit Informationen zu Kandidaturen und Nachfolgelisten umgegangen? Und schließlich:
- Ist die Nachfolgeplanung mit bestehenden Talent-Prozessen integriert oder als Stand-alone organisiert?
Der Shift zu Skills: Von Position zu Potenzial
Traditionell orientiert sich Nachfolgeplanung an Rollenprofilen und dem bisherigen Leistungsausweis. Doch mit der zunehmenden Dynamik in Geschäftsmodellen und Organisationen gewinnt ein skill-basierter Ansatz an Bedeutung: Welche Fähigkeiten wird eine Rolle zukünftig erfordern – und welche Talente bringen dieses Potenzial bereits mit oder lassen es sich gezielt entwickeln?
Ein Beispiel aus der Praxis ist die Rolle „Leitung Supply Chain“. Während früher operative Exzellenz und Kostenkontrolle im Fokus standen, sind heute zusätzlich Datenkompetenz, Plattformverständnis, Nachhaltigkeit und Stakeholder-Management gefragt. Die Bewertung verändert sich entsprechend: Weg von reiner Erfahrung, hin zu adaptiven, zukunftsgerichteten Fähigkeiten.
Chancen eines solchen Ansatzes liegen in objektiveren Entscheidungen, einer stärkeren Diversität und besseren Entwicklungsplanung. Gleichzeitig bestehen Herausforderungen in Datenqualität, fehlender gemeinsamer Skillsprache sowie begrenzter Akzeptanz bei Führungskräften.
Erfolg messen, Wirkung stiften
Eine wirksame Nachfolgeplanung lässt sich auch messen. Neben klassischen KPIs wie Besetzungsdauer, Nachfolgelisten-Abdeckung oder Diversitätskennzahlen ist entscheidend, ob aus Planung Bewegung entsteht. Der Übergang vom statischen Reporting hin zu wirkungsorientierter Steuerung gelingt nur, wenn Zahlen im Kontext interpretiert und zur Entscheidungsunterstützung genutzt werden.
Zentrale Erkenntnisse aus der Praxis
- Akzeptanz entscheidet: Ohne glaubwürdiges Buy-in des Managements bleibt Nachfolgeplanung ein formales HR-Ritual.
- Listen sind Mittel, nicht Ziel: Nur durch tatsächliche Nutzung und Bewegung entsteht Wert.
- Transparenz braucht Reife: Offenheit in Nachfolgeprozessen muss begleitet, erklärt und kulturell verankert werden.
- Entscheidungen brauchen Mut: Prozesse unterstützen Entscheidungen – sie ersetzen keine Haltung.
- Integration ist der Schlüssel: Nachfolgeplanung entfaltet Wirkung nur im Zusammenspiel mit Learning, Performance und strategischem Workforce Planning.
Gelungene Nachfolgeplanung ist Ausdruck organisatorischer Reife.
Frank Gierschmann
Executive Principal, Mercer Deutschland
Executive Principal Strategic People Advisory