Ein neues Kapitel beginnt

Gegner oder Partner: Mitbestimmung in der Unternehmenskrise 

Fünf Fragen an Johannes Brinkkötter

1. Herr Brinkkötter, was ist aus Ihrer Sicht der größte Fehler, den Unternehmen im Umgang mit Betriebsräten in Krisensituationen machen?

Der größte Fehler ist, den Betriebsrat erst dann einzubeziehen, wenn die Entscheidungen praktisch gefallen sind. Vertrauen lässt sich nicht im Krisenmodus anschalten – es entsteht in guten Zeiten. Wer den Sozialpartner nur als Pflichtprogramm behandelt, darf nicht erwarten, dass er in der Krise konstruktiv mitzieht.

2. Welche Rolle können Betriebsräte in der Restrukturierung spielen?

Betriebsräte sind oft näher an der Belegschaft und genießen großes Vertrauen. Wenn man sie wie Partner behandelt, werden sie zu Multiplikatoren, Problemlösern und häufig sogar Ideengebern, wenn es etwa darum geht, Standorte zu sichern oder Alternativen zum Stellenabbau zu finden. Arbeitnehmervertreter können Stabilität schaffen – etwas, das in Krisen unbezahlbar ist.

3. Welche Voraussetzungen braucht eine echte Betriebspartnerschaft im Alltag?

Vor allem Haltung und Konsequenz: Transparenz, Verlässlichkeit und Dialog auf Augenhöhe. Es geht nicht um eine einzelne Vereinbarung, sondern um eine langfristige Beziehung. Dazu gehören regelmäßiger Austausch, Kooperation in konfliktfreien Themen und die Bereitschaft, den Betriebsrat zu qualifizieren, damit er in einer zunehmend unübersichtlichen Welt Mitverantwortung übernehmen kann.

4. Welche Rolle kommt HR dabei zu?

HR ist Brückenbauer. Wir müssen beide Sprachen sprechen: die der wirtschaftlichen Notwendigkeit und die der sozialen Legitimität. Nur wenn HR auf beiden Seiten glaubwürdig ist, kann sie vermitteln, Missverständnisse auflösen und gemeinsam tragfähige Lösungen entwickeln.

5. Und was zahlt sich Ihrer Erfahrung nach in Krisen am stärksten aus?

Ein über Jahre aufgebautes Vertrauen. Unternehmen, die früh investieren, erleben in der Krise konstruktive Arbeitnehmervertreter, schnellere Lösungen und eine Belegschaft, die schwierige Maßnahmen eher mitträgt. Dann wird aus Mitbestimmung tatsächlich Mitverantwortung – genau das braucht ein Unternehmen, wenn es stürmisch wird.

 

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