HR-Risiken bei M&A-Transaktionen | Mercer
26 Januar 2023
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, streben viele Unternehmensleiter:innen Unternehmens-Deals (M&A) an.
Mergers & Acquisitions: Der Mensch muss in den Fokus.
Traditionell werden Mitarbeiter:innen als Kostenfaktor betrachtet und daher wird der Wert, den sie in ein Geschäft einbringen, auch auf der Kostenseite verbucht. Was dabei übersehen wird, ist, dass die Mitarbeiter:innen die Grundvoraussetzung für den Unternehmensumsatz sind. Das richtige Führungsteam, die richtigen Fähigkeiten und das richtige Verständnis der Unternehmensziele sind Faktoren, die den Wert eines Geschäfts steigern. Dennoch werden diese Aspekte in Deals häufig vernachlässigt.
Unsere Untersuchungen und Erfahrung bei der Unterstützung von fast 1.400 Transaktionen pro Jahr zeigen klar: Der Mensch muss in den Fokus.
Schlüsselaspekte der Personalstrategie, die Deals zum Scheitern bringen, wenn sie keine Beachtung finden (in %)
19,8 | Führungsteam |
16,0 | Organisationskultur |
9,3 | Fehlendes Veränderungsmanagement |
9,3 | Mitarbeiterbindung |
8,8 | Kommunikationsstrategie |
7,0 | Talentstrategie |
6,7 | Organisationsstruktur |
HR Risiken bei Mergers & Acquisitions sind hoch
Die Komplexität von Deals steigt, dennoch bleiben HR-Risiken oft weitgehend unberücksichtigt und lassen sich im Zuge von Unternehmenstransaktionen häufig nicht vermeiden, insbesondere dann, wenn es zum Betriebsübergang gemäß §613a BGB kommt. In diesem Fall dürfen sämtliche Arbeitgeberleistungen, z. B. auch die betriebliche Altersvorsorge, für die Dauer von mindestens einem Jahr nicht verschlechtert werden. Ähnliche Regeln zu „automatische Transfers“ bestehen in den meisten europäischen Ländern. Insbesondere im Versicherungsgeschäft, wobei der Verkauf von Versicherungsbeständen zunimmt, können „versteckte HR-Risiken“ durch den zwangsweisen Übergang von Mitarbeiter:innen gegebenenfalls übersehen werden.
Klassische finanzielle HR-Risiken sind beispielsweise Pensionsverpflichtungen. Sie stellen oftmals einen wesentlichen Posten in der Bilanz eines Unternehmens dar und potenzielle Käufer:innen haben meist ein geringes Interesse daran, für zukünftige Versorgungsleistungen gegenüber aktuellen (oder gar ehemaligen) Mitarbeiter:innen verantwortlich zu sein und finanzielle Risiken eines ausreichenden Deckungsvermögens zu tragen. Die Bewertung der Pensionsverpflichtungen stellt also einen wesentlichen Diskussionspunkt während der Kaufpreisfindung dar. Des Weiteren ist es viel zu häufig der Fall, dass „weichere“ Personalthemen wie Führung, Kultur, Retention, etc. nicht priorisiert werden und auch nicht Teil der Due-Diligence Prüfung sind. Oft hat das weitreichende Konsequenzen für den Deal. Auswirkungen sind z. B. die Anpassung des ursprünglichen Integrationsplans oder die Verfehlung der Finanzziele.
Ergebnisse aufgrund der Nichtbeachtung von Personalthemen (in %)
Integrationsplan (Grad oder Art der Integration) wurde angepasst | 24,6 |
Integrationszeitpunkt wurde angepasst | 23,7 |
Deal hat die finanziellen Ziele des Geschäftsplans/der Investitionsthese wesentlich verfehlt | 17,5 |
Der Preis des Deals wurde angepasst | 16,3 |
Deal wurde nicht abgeschlossen | 16,7 |
Anderes | 1,4 |
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Wie kann ein Unternehmen erfolgreich die Personalstrategie in M&A-Überlegungen einbeziehen?
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Was könnten Prioritäten für die Personalstrategie bei Deals sein?
In jeder Transaktion ist die Due Diligence die ideale Phase, um Risiken für die Belegschaft zu berücksichtigen. Dessen ungeachtet geben Befragte an, dass Personalfragen oft erst später, während der Verhandlungen, einbezogen werden. Bei sogenannten "Red-Flag"-Statements, die das Vorhandensein von ungelösten Risiken in einem Geschäft anzeigen, werden HR-Risiken viel zu oft vergeblich gesucht.
Wie bei finanziellen, steuerlichen und regulatorischen Themen wäre es jedoch am besten, HR-Aspekten von Anfang an Priorität einzuräumen. Der Einfluss, den die Mitarbeiter:innen auf Umsatzentwicklung und Kostensynergien haben, sollte auf Basis von Annahmen in die Kostenmodellierung einbezogen werden. Die Befragten nennen die folgenden Fokusthemen als besonders relevant:
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Ausrichtung der Führung
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Ausrichtung der Unternehmenskultur
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Bindung von Schlüsselmitarbeitenden
Was bedeutet das für einen M&A Deal?
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Welche Verhaltensweisen muss das Führungsteam vorleben und belohnen?
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Welche kulturellen Komponenten verstärken ein produktives Arbeitsumfeld?
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Wie werden Mitarbeiter:innen mit den erforderlichen Fähigkeiten gebunden und gewonnen, um einen Deal erfolgreich anzuschließen?
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Werden Unterschiede in der Herangehensweise der einzelnen Organisationen die Strategie behindern?
Wenn solche und ähnliche Fragen früh im Prozess gestellt werden, ist das ungenutzte Potenzial von Menschen in Geschäften nicht nur hypothetisch. An dieser Stelle möchten wir reale Beispiele dafür geben, wie ein Deal durch einen Mangel an proaktiver Planung und fehlender Berücksichtigung der identifizierten Fokusthemen gefährdet wurde und wie Interventionen halfen, sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen:
Ein Multi-Milliarden-Dollar-Deal wurde durch eine extrem hohe Mitarbeiterfluktuation gefährdet, die mit schwer zu vereinbarenden Führungs- und Diversitäts-Ansätzen in zwei fusionierenden Organisationen zusammenhing. Diese Art von Problemen wurde nicht in die Due Diligence einbezogen, und daher auch nicht identifiziert. Die Situation erforderte eine schnelle und umsetzbare Entwicklung einer gemeinsamen Unternehmenskultur, die Kommunikation einer solchen und das Aufsetzen eines Change-Integrationsplans. Zusätzlich verlangsamte eine gezielte Retentionsstrategie die Fluktuation von Mitarbeiter:innen und signalisierte, wie strategisch relevante Themen in der Praxis angegangen werden würden.
Durchschnittlicher Prozentsatz der gehaltenen kritischen Talente, nach der Übernahme (in %)
82,2 | 75,0 | 69,8 | 68,8 | 64,6 | 59,99 | |
0-3 | 3-6 | 6-9 | 9-12 | 12-18 | 18-24 | Monate |
Die wichtigsten Faktoren für den langfristigen Wert (in %)
41,6 | Ausrichtung der Führung |
28,3 | Kultur |
13,3 | Kommunilation |
7,1 | Organisationsdesign |
3,5 | Personalübergang und Onboarding |
3,1 | Vergütung |
2,2 | Training |
0,9 | Richtlinien und Verfahren |
HR Risiken bei Transaktionen für Käufer und Verkäufer
- Bewerten Sie die Fähigkeiten des Führungsteams und der wichtigsten Mitarbeiter:innen
- Entwickeln Sie wirksame Strategien zur Bindung von Mitarbeiter:innen
- Entwerfen Sie einen klaren Plan für die Kultur, die Kommunikation und das Veränderungsmanagement
- Bewerten Sie den Bedarf an HR-Dienstleistungen, Leistungen und Design
- Engagieren Sie erfahrene Ressourcen, um den Übergangsprozess zu beschleunigen und effizienter zu gestalten
- Nehmen Sie eine unternehmensweite oder globale Sichtweise ein, um Leistungen effektiv zu verwalten
- Verstehen Sie die Struktur von Vergütungen auf dem Markt und nutzen Sie Ihre gesamten Vergütungsprogramme, um die richtigen Talente anzuziehen und zu halten
- Behalten Sie erfahrene M&A- und Kern-HR-Ressourcen für die Verwaltung von Tools und Projekten bei
- Identifizieren Sie kritische Gruppen von Mitarbeiter:innen und erwägen Sie ein Bindungsprogramm
- Setzen Sie erfahrene Berater:innen und Trennungsspezialist:innen auf der Verkaufsseite ein
- Erwägen Sie die Bereitstellung einer durchdachten und preislich angemessenen Vereinbarung über Übergangsdienstleistungen
- Behalten Sie erfahrene M&A- und Kern-HR-Ressourcen für Projektmanagement und -instrumente bei