Ein neues Kapitel beginnt
Erfolgsfaktoren in der Skill-Transformation
Immer mehr Unternehmen äußern die Ambition, sich komplett oder zumindest teilweise zu einer Skill-basierten Organisation zu transformieren. Die Mercer-Experten Dr. Daniel Dürr und Dr. Benjamin Bajmel im Gespräch zu Erfolgsfaktoren, Fallstricken und Erfahrungswerten dieser Transformation.
Herr Dr. Dürr, Herr Dr. Bajmel, was sind Auslöser bzw. Gründe für Organisationen in eine Skills-Transformation einzusteigen?
Daniel Dürr: Die Gründe unserer Kunden eine Skill-basierte Transformation anzustoßen sind vielfältig. Manche Unternehmen wünschen sich einen besseren Überblick über die im Unternehmen vorhandenen Skills, andere wollen mehr Karrieremöglichkeiten für ihre Mitarbeitenden schaffen, wieder andere wollen ihr Personal gezielter weiterentwickeln oder ihre Gehaltsstrukturen an besonders nachgefragten Skills ausrichten. Wichtig ist dabei zu beachten, dass eine Skill-Transformation immer mit einer Ambition gestartet werden sollte, auf die man zielgerichtet hinarbeitet.
Benjamin Bajmel: Niemand sollte ein solches Projekt starten, nur weil es ein populärer Trend ist. Vielmehr muss eine Skill-basierte Transformation die strategischen Ziele und Herausforderungen der eigenen Organisation unterstützen und einen langfristigen Mehrwert bieten. Daher ist es essenziell, sich vor Beginn der Transformation genaue Gedanken zur Zielsetzung und den Anwendungsfällen von Skills zu machen, denn diese haben wichtige Implikationen für das spätere Design.
Eine Skill-basierte Transformation muss die strategischen Ziele und Herausforderungen der eigenen Organisation unterstützen und einen langfristigen Mehrwert bieten.
Mit Blick auf Ihre umfassenden Erfahrungen in derartigen Projekten: Wie sollte eine Reise in Richtung Skill-Transformation starten?
Daniel Dürr: Am Anfang sollte die Formulierung bzw. Abstimmung einer klaren Vision stehen: Welches Ziel verfolgen wir mit der Skill-Transformation und wie wollen wir zukünftig Skills nutzen. Nicht jedes Unternehmen wird sich komplett wandeln, aber viele unserer Kunden haben Ambitionen, Skills in spezifische Prozesse stärker einfließen zu lassen oder sich in bestimmten Bereichen stärker Skill-basiert aufzustellen. Wenn die eigene Vision und die Anwendungsfälle geklärt sind, empfehlen wir als ersten Schritt den Aufbau einer Skill-basierten Job-Architektur.
Benjamin Bajmel: Die Ausgestaltung der Skill-basierten Job-Architektur folgt dabei der eigenen Ambition bzw. den Anwendungsfällen. Konkrete Fragen, die in dieser Phase der Transformation geklärt werden müssen, sind: Welche Arten von Skills brauchen wir? Wie detailliert wollen wir die Job-Architektur ausgestalten? und Wie stark verbinden wir Skills, Job-Architektur und Grading? Gerade der letztgenannte Punkt ist vor dem Hintergrund der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes ein für viele Unternehmen spannendes Thema.
Was sind die wichtigsten Punkte, die bei einer Skill-Transformation zu beachten sind?
Benjamin Bajmel: Zentral ist, dass allen Beteiligten von Beginn an bewusst ist, dass eine derartige Transformation nicht nur Prozesse und Konzepte ändert, sondern auch die Kultur der Unternehmen verändern kann. Plötzlich werden an vielen Stellen andere Themen angesprochen und diskutiert, als das zuvor der Fall war. Auch sollte niemand glauben, dass Technologie allein alles löst. Sie ist ein wichtiger Hebel, ein zentrales Werkzeug, aber eben auch nicht mehr.
Daniel Dürr: Unsere Erfahrung zeigt, dass derartige Projekte keine HR-U-Boote sein sollten, die irgendwann mit einer fertigen Lösung wieder auftauchen ohne wichtige Stakeholder und Business-Vertreter einbezogen zu haben. Vielmehr sollten Entscheidungsträger und das Business von Anfang an einbezogen und eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden. Gerade beim Thema Skills weiß eben ein Firmware Architekt am besten was ein Firmeware Architekt können muss!
Und trotzdem wird es Widerstand geben…
Daniel Dürr: Ohne Zweifel! Veränderung kann schwer sein, erst recht in der Dimension eines grundlegenden Wandels der gewohnten Prozesse. Wichtig ist, dass zur erfolgreichen Transformation auch ein Kommunikations- und Befähigungskonzept gehört, das Widerstand antizipiert, thematisiert und Mitarbeitende auf die Reise mitnimmt.
Zu einer erfolgreichen Transformation gehört ein Kommunikations- und Befähigungskonzept, das Widerstand antizipiert, thematisiert und Mitarbeitende auf die Reise mitnimmt.
Was sind ihrer Meinung nach die größten Fallstricke in Skill-Transformationen?
Daniel Dürr: Die größten Probleme entstehen, wenn Unternehmen ohne klares Ziel oder Ambition starten und daher nicht genau wissen, was sie erreichen wollen. Zusätzlich machen die fehlende Einbindung von Geschäftsführung wie auch der Geschäftsbereiche derartige Transformationen schwierig.
Benjamin Bajmel: Das Thema Technologie sollte von Anfang an mitgedacht werden. Viele Unternehmen erhalten einen Realitäts-Check, wenn sie sich mit den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Technologie-Landschaft auseinandersetzen. Und schließlich verlieren sich Teams nicht selten in Details zu einzelnen Fähigkeiten und verzögern so das gesamte Projekt. Hier ist eine pragmatische Herangehensweise statt einer 120% Mentalität gefragt.
Welchen grundlegenden Rat würden Sie Unternehmen für eine Skill-Transformation mitgeben?
Benjamin Bajmel: Starten Sie keine Skill-Transformation ohne sich Gedanken über den Mehrwert für Ihr Unternehmen und damit über die spezifischen Anwendungsfelder gemacht zu haben.
Daniel Dürr: Haben Sie keinen Perfektionsanspruch. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass Job- und Skill-Architekturen keine starren Konstrukte, sondern lebende Lösungen sind.
Vielen Dank für das Gespräch!
Principal Strategic People Advisory
Principal Compensation Leader