Update BFH-Entscheidungen 

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28 Mai 2025

Eine Entscheidung kann bereits angewendet werden, eine andere noch nicht.

Zwar sind die meisten Unternehmen noch einige Monate von der nächsten Bilanz entfernt, dennoch lohnt es sich, die Entwicklung bei den aktuellen BFH-Entscheidungen zu Pensionsverpflichtungen im Auge zu behalten. Sehen wir uns die drei wichtigsten an.

Wertpapiergebundene Zusagen

Die vermutlich bedeutsamste Entscheidung des BFH ist der Beschluss vom 04.09.2024 (XI R 25/21)  zu wertpapiergebundenen Zusagen (s. Beitrag vom 03.03.2025 ).

Die Finanzverwaltung hat im BMF-Schreiben vom 17.12.2002 die Auffassung vertreten, dass der Wert der Wertpapiere bei solchen Zusagen unerheblich ist und nur eine zugesagte Mindestleistung zu bewerten ist. Das hat der BFH zurückgewiesen: In die Berechnung der steuerlichen Rückstellungen fließt auch der Wert der Wertpapiere am Bilanzstichtag ein. Künftige Wertveränderungen dürfen allerdings nicht berücksichtigt werden.

Beim entschiedenen Fall spielten weder Mindestleistungen noch künftige Beiträge eine Rolle. Es ist davon auszugehen, dass künftige Beiträge mit dem Nominalbetrag berücksichtigt werden müssen, denn nach dem Stichtagsprinzip dürfen auch keine Wertveränderungen zwischen Beitragszahlung und Leistungsfall unterstellt werden. Der Vergleich zwischen der Leistung aus dem Verkaufserlös der Wertpapiere und der Mindestleistung muss für jeden Leistungsfall erfolgen. Das wird die Bewertungen verkomplizieren.

Allerdings ist bisher unklar, ob die Finanzverwaltung die Entscheidung akzeptiert. Das BMF-Schreiben ist weiter gültig, die Entscheidung wurde noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Das heißt, die Finanzverwaltung wendet die Entscheidung derzeit noch nicht an. 

Denkbar wäre es, dass das Bundesfinanzministerium versuchen wird, die Entscheidung per Gesetzesänderung ins Leere laufen zu lassen. Dafür gibt es aber derzeit keine Anhaltspunkte. Möglicherweise wird die Finanzverwaltung die Entscheidung akzeptieren und anwenden, aber dieser Prozess wird länger dauern.

Wir hoffen dennoch, dass es zum Herbst erste belastbare Aussagen aus der Finanzverwaltung gibt. In der Zwischenzeit können betroffene Unternehmen Vergleichsberechnungen in Auftrag geben, um den möglichen Effekt abschätzen zu können.

Verteilung eines Übertragungsgewinns

Bereits heute ist das Urteil vom 23.10.2024 (XI R 24/21)  anwendbar (s. Beitrag vom 04.03.2025 ). In dieser Entscheidung ging es um die Einzelübertragung von Pensionsverpflichtungen. 

Nach den §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG ist bei einer Übertragung von Verpflichtungen, deren Bilanzierung und Bewertung steuerlichen Restriktionen unterliegt, beim abgebenden Unternehmen eine Verteilung des zusätzlichen Aufwandes zwingend und beim aufnehmenden Unternehmen einer Verteilung des zusätzlichen Ertrags wahlweise auf 15 Jahre vorzunehmen. 

Der BFH hat entschieden, dass diese Verteilungsmöglichkeit beim aufnehmenden Unternehmen auch im Falle einer Einzelübertragung besteht, obwohl die korrespondierende Verteilung beim abgebenden Unternehmen nach dem Gesetzeswortlaut ausgeschlossen ist.

Diese Entscheidung wurde mittlerweile im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BStBl II vom 19.05.2025, S. 281). Das bedeutet, dass sie von der Finanzverwaltung angewendet wird. In der Betriebsprüfung sollte also eine Verteilung nicht beanstandet werden.

Das BMF-Schreiben vom 30.11.2027, das sich umfassend mit den §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG beschäftigt, muss dafür nicht geändert werden, da dieser Punkt dort gar nicht erwähnt wird.

Aus den Erfahrungen mit den bisher schon möglichen Verteilungen beispielsweise bei Betriebsübergängen gehen wir allerdings davon aus, dass die meisten Unternehmen diese Möglichkeit nicht nutzen werden. 

Für jede Einzelübertragung (in vielen Konzernen also für jeden Arbeitgeberwechsel) muss die Verteilung getrennt geführt und bei Wegfall der Verpflichtung beendet werden. Der administrative Aufwand steht daher in den meisten Fällen in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen. 

Vermutlich werden wir diese Verteilung in der Praxis nur bei wenigen herausragenden Verpflichtungen sehen.

Altersfreizeit

Mit Urteil vom 05.06.2024 (IV R 22/22)  hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass für eine spezielle Form der Altersfreizeit Rückstellungen in der Steuerbilanz gebildet werden können (s. Beitrag vom 24.08.2024 ).

Im entschiedenen Fall handelte es sich um eine Form der Altersfreizeit, bei der die Beschäftigten unmittelbar vor der Pensionierung von der Arbeit freigestellt wurden. Die Länge der Freistellung hing von der zurückgelegten Betriebszugehörigkeit ab. In diesem Fall ist nach der Entscheidung des BFH eine Rückstellung ab Eintritt aufzubauen.

Für Altersfreizeit im Sinne einer Entlastungszeit, bei der ältere Beschäftigte zusätzliche jährliche Urlaubstage erhalten oder eine kürzere Wochenarbeitszeit haben, wird weiterhin keine Rückstellung gebildet (auch nicht in der Handelsbilanz oder im IFRS-Abschluss).

Falls im Unternehmen aber Regelungen bestehen, die den Beschäftigten eine Freistellung unmittelbar vor Pensionierung gewähren und für die bisher keine Rückstellung in der Steuerbilanz gebildet wird, sollte geprüft werden, ob die BFH-Entscheidung zu einer Änderung der bisherigen Einschätzung führt.

Wenn Sie unsicher sind, ob die BFH-Entscheidungen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen haben, sprechen Sie uns an.
Über den/die Autor:in(nen)
Thomas Hagemann

Chefaktuar, Mercer Deutschland GmbH

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