Angemessene Teilungskosten beim Versorgungsausgleich
16 März 2022
Beim Versorgungsausgleich von Anrechten der betrieblichen Altersversorgung gibt es zwei Möglichkeiten der Teilung. Entweder wird das Anrecht extern geteilt. Dann zahlt der Versorgungsträger den Ausgleichswert an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person aus, kürzt entsprechend das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person und ist nicht mehr weiter involviert. Oder es erfolgt eine interne Teilung. Dann erhält die ausgleichsberechtigte Person ein eigenständiges Anrecht beim Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person. In diesem Fall hat der Versorgungsträger bis zum Tod der ausgleichsberechtigten Person (und ggf. deren Hinterbliebenen) ein weiteres Anrecht zu verwalten und ab Rentenbeginn die Leistungen zu erbringen. Der Gesetzgeber hatte bei der Neuregelung des Versorgungsausgleichs entschieden, dass die Zusatzkosten, die dem Versorgungsträger durch die interne Teilung entstehen, mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnet werden können, soweit sie angemessen sind (§ 13 VersAusglG).
Die Teilungsregeln der Versorgungsträger sehen deshalb Teilungskosten vor, die üblicherweise einen festen Prozentsatz (2-3%) des Ehezeitanteils betragen. Häufig werden zusätzlich Unter- und Obergrenzen, in seltenen Fällen auch fixe Beträge je Versorgungsausgleich festgelegt.
Die Festlegung von Untergrenzen führt bei kleinen Anrechten zu relativ hohen prozentualen Kürzungen. Umgekehrt ergeben sich bei großen Anrechten ohne eine Obergrenze leicht Teilungskosten von über 3.000 Euro (beispielsweise 2,5% von Ehezeitanteil 120.000 Euro).
Über die Angemessenheit der Teilungskosten gibt es inzwischen eine umfangreiche Rechtsprechung. Ein früher BGH-Beschluss konstatierte als Obergrenze einen Betrag von 500 Euro. Diese Entscheidung wird von Rechtanwälten gerne zitiert, doch dabei wird übersehen, dass sie eine Direktversicherung betraf. Dort liegt eine Vielzahl gleicher Zusagen vor, sodass die Verwaltungskosten vergleichsweise niedrig sind.
Anders stellt sich der Sachverhalt bei einer Direktzusage dar. Hier trägt der Arbeitgeber zusätzlich zur Leistung alle Verwaltungskosten und hat im Vergleich zu einer großen Versicherung vergleichsweise wenige Fälle und damit relativ hohe Stückkosten. Die Rechtsprechung berücksichtigt diese Besonderheit jedoch nur bedingt und fordert bei der Geltendmachung von Teilungskosten über 500 Euro einen Nachweis, um eine „Bereicherung des Versorgungsträgers durch den Versorgungsausgleich auszuschließen“ (BGH-Beschluss vom 10.02.2021, XII ZB 284/19).
Tatsächlich sind Teilungskosten von 2.000 – 3.000 Euro gar nicht abwegig, sondern in vielen Fällen gerechtfertigt, um auch einen Ausgleich im Kollektiv zu ermöglichen.
Nachfolgend werden die Aufgaben beschrieben, die für den Arbeitgeber als Versorgungsträger bei einer Direktzusage anfallen.
Zunächst ist für die ausgleichsberechtigte Person ein Datensatz mit allen relevanten Personaldaten, der Zusageart und der Leistungshöhe anzulegen. Für die jährlichen Gutachten über die Höhe der Pensionsrückstellungen sind dem versicherungsmathematischen Gutachter die Daten bereitzustellen. Für die Erstellung des Gutachtens fallen zusätzliche Kosten an, da eine Verpflichtung zusätzlich zu bewerten ist. Ggf. sind Fragen der ausgleichsberechtigten Person zu beantworten („Welche Rente erhalte ich, wenn ich vorzeitig die Rente abrufe?“). Ab Rentenbeginn ist zusätzlich noch die Abrechnung der monatlichen Rente zu administrieren.
Diese Aufwände fallen bis zum Tod der versorgungsberechtigten Person an (ggf. gibt es sogar noch Hinterbliebenenleistungen). Bei einer heute 40-jährigen Frau ist von einer weiteren Lebenserwartung von 50 Jahren auszugehen (nach den Heubeck-Richttafeln 2018G), somit fallen 50 Jahre lang Verwaltungskosten an.
Diese können noch weiter spezifiziert werden: Bis zum Rentenbeginn (in 27 Jahren) fallen nur die Kosten für die jährlichen Gutachten und die Anwartschaftsadministration an, für die weiteren 23 Jahre kommt zusätzlich die Verwaltung der Rentenzahlungen hinzu. Sofern ein externer Dienstleister die Administration (z. B. Mercer) der bAV übernimmt, kann man dessen jährliche Kosten auf die Anzahl der Zusagen umrechnen und erhält damit jährliche Stückkosten, die noch um einen eigenen Anteil von Kommunikationskosten der Firma zu ergänzen sind. Entsprechend sind die Honorare für die versicherungsmathematischen Gutachten auf Stückzahlen umzurechnen und anteilig Kosten der Buchhaltung zu berücksichtigen.
Für unser Beispiel kann man so vereinfacht ohne Zins und Inflation folgende Kosten unterstellen: 8 Euro pro Jahr für Gutachten und Buchhaltung, 2 Euro Verwaltungskosten pro Jahr während der Anwartschaft und 40 Euro pro Jahr während der Rentenbezugsphase. Zusätzlich ist bei Rentenbeginn noch eine Rentenberechnung vorzunehmen (200 Euro). Dies führt somit zu Gesamtkosten in Höhe von 50 x 8 + 27 x 2 + 23 x 40 +200 = 1.574 Euro.
Bei einem abweichenden Alter ergeben sich entsprechend andere Werte. Auch hängen die Stückkosten für Gutachten und Verwaltung stark von der Komplexität der Zusagen und den Stückzahlen ab, sodass größere Unternehmen tendenziell etwas geringere, kleinere Unternehmen etwas höhere Kosten haben werden.
Bei unterstellten Teilungskosten von 2,5% fallen bei einem Ehezeitanteil von 10.000 Euro (Ausgleichswert vor Kosten von 5.000 Euro) nur 250 Euro Teilungskosten an. Die Differenz in Höhe von 1.324 Euro würde somit der Arbeitgeber tragen, wenn er nicht durch einen Ausgleich im Kollektiv höhere Teilungskosten als die rechnerisch ermittelten Beträge geltend machen könnte.
Deshalb sind Teilungskosten in Höhe von 2,5%, die bei etwas über 3.000 Euro gedeckelt werden, für einen Ausgleich im Kollektiv angemessen. Diese Größe sollte zur Berücksichtigung der Inflation dynamisiert sein, z.B. in Anlehnung an die Bezugsgröße der Sozialversicherung in Höhe von derzeit 3.290 Euro.