Ein neues Kapitel beginnt
Späteheklausel – ein Update zur bilanziellen Berücksichtigung
Späteheklauseln entwickeln sich zum Dauerbrenner.
Inhalt des Ergebnisberichtes
Das Thema Späteheklausel hat schon verschiedentlich Eingang in diesen Blog gefunden (zuletzt hier).
Nun hat die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. (DAV) Mitte Mai ihren schon mit Spannung erwarteten Ergebnisbericht zur Berücksichtigung von Späteheklauseln bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen veröffentlicht.
Zur Erinnerung: Späteheklauseln sind Regelungen in Versorgungszusagen, bei denen der Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen an bestimmte Bedingungen geknüpft ist, insbesondere an den Zeitpunkt der Eheschließung. Diese Klauseln können dazu führen, dass eine Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen wird, wenn die Ehe erst nach einem bestimmten Alter des Versorgungsberechtigten, nach Eintritt des Versorgungsfalls oder nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen geschlossen wird.
Eine solche Klausel stellt eine Herausforderung bei der kollektiven Bewertung von Hinterbliebenenleistungen dar, wenn nicht der tatsächliche Familienstand der Begünstigten berücksichtigt wird. Dies hat in den letzten Jahren vermehrt zu Beanstandungen bei Betriebsprüfungen und letztlich zu – teilweise recht willkürlichen – Kürzungen der steuerlichen Pensionsrückstellungen geführt.
Bei der kollektiven Bewertung von Hinterbliebenenanwartschaften spielen die Verheiratungswahrscheinlichkeiten nach den Heubeck-Richttafeln eine zentrale Rolle. In dem Ergebnisbericht der DAV wird eine modifizierte kollektive Methode zur Bewertung von Hinterbliebenenleistungen hergeleitet, so dass Anrechte mit Späteheklauseln angemessen niedriger bewertet werden als Anrechte ohne Späteheklauseln.
Hierfür werden die Verheiratungswahrscheinlichkeiten – abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Späteheklausel – pauschal gekürzt. Bei der Ermittlung dieser Kürzungsfaktoren hat die DAV Daten zu Eheschließungen und Ehescheidungen vom Statistischen Bundesamt bzw. vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung zugrunde gelegt. Der Kürzungsfaktor hängt dabei vom Grenzalter der Späteheklausel ab, also dem Alter, vor dem die Ehe geschlossen werden muss, um einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu erhalten.
Damit besteht nun die Möglichkeit, Späteheklauseln aktuariell angemessen zu berücksichtigen, ohne weitere persönliche Daten zu den Versorgungsberechtigten – wie z. B. den Familienstand – zu erheben.
Auswirkung auf die Höhe der Pensionsrückstellung
Aufgrund der Kürzung der Verheiratungswahrscheinlichkeiten reduziert sich der Verpflichtungsumfang, der im Rahmen einer aktuariellen Bewertung von Versorgungszusagen, die eine solche Späteheklausel enthalten, ermittelt wird. Wie hoch die Reduzierung für solche Zusagen im Einzelnen ausfällt, hängt von der konkreten Ausgestaltung der Späteheklausel ab, aber auch von der Struktur des versorgungsberechtigten Personenkreises sowie dem anzuwendenden Rechnungslegungsstandard.
Für Versorgungszusagen, die als Leistung eine lebenslange Rentenzahlung vorsehen, ergeben sich für gemischte Bestände folgende, geschätzte Reduzierungen der Pensionsrückstellung:
| Grenzalter 55 |
Grenzalter 60 |
Grenzalter 65 |
|
| Männer |
2,0% - 4,5% |
1,0% - 2,5% |
0,5% - 1,2% |
| Frauen |
0,2% - 0,5% |
0,1% - 0,3% |
< 0,1% |
Anwendung in der Praxis – Umsetzung in der Steuerbilanz
Seit der Veröffentlichung des Ergebnisberichts durch die DAV liegt der Ball nun eindeutig im Spielfeld der Finanzverwaltung. Ob die Modifikation der Verheiratungswahrscheinlichkeiten in der Steuerbilanz – wie von der DAV vorgeschlagen – in die Bilanzierung einfließen kann, bleibt abzuwarten.
Die Hoffnung ist, dass es zu diesem Thema im Laufe dieses Jahres noch Äußerungen seitens der Finanzbehörden gibt. Idealerweise wird die Anwendung des Ergebnisberichts im Rahmen eines BMF-Schreibens allgemein anerkannt. Dadurch hätten die Unternehmen künftig Sicherheit bei der Aufstellung ihrer Steuerbilanzen. Beanstandungen und – zum Teil willkürliche – Kürzungen der steuerlichen Pensionsrückstellungen im Rahmen von Betriebsprüfungen sollten damit vom Tisch sein.
Zu beachten ist, dass es in der Steuerbilanz auf die Schriftform ankommt. Sollten Späteheklauseln im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung arbeitsrechtlich unzulässig sein und/oder solche Klauseln vom Unternehmen in der Praxis überhaupt nicht mehr angewandt werden, ist die steuerliche Pensionsrückstellung trotzdem zu kürzen. Zu Fragen der arbeitsrechtlichen Anwendbarkeit verweisen wir auf den Beitrag unserer Kolleginnen Sylvia Althoff und Nadine Wolters.
Sollte das Thema im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung in Ihrem Hause beanstandet werden, unterstützen wir Sie gerne bei der Argumentation gegenüber den Betriebsprüfern.
Stefanie Beyer
Aktuarin Grundsatzfragen, Mercer Deutschland GmbH
Und in der Handelsbilanz bzw. IFRS-Bilanz?
Grundsätzlich kann der Ergebnisbericht bei der Bewertung von Versorgungszusagen mit Späteheklausel in der deutschen Handelsbilanz und bei der internationalen Bewertung ab sofort angewandt werden, da die Pensionsverpflichtungen durch die Umsetzung exakter berechnet werden können.
Hier stellt sich lediglich die Frage, ob eine Späteheklausel arbeitsrechtlich überhaupt zulässig ist und in der Praxis noch umgesetzt wird. Ggf. kann eine Anwendung auch erst dann erfolgen, sobald die Anwendbarkeit für die Steuerbilanz verbindlich geregelt ist.
Bei der Bewertung der Pensionsverpflichtungen nach IAS 19 ist bei der erstmaligen Berücksichtigung des Ergebnisberichts zudem der Effekt aus der Umstellung als „Veränderung der demografischen Annahmen“ im Anhang gesondert auszuweisen.
Es empfiehlt sich bereits heute zu prüfen, inwieweit solche Späteheklauseln in den Versorgungszusagen existieren und in der Praxis angewandt werden. Auf dieser Basis kann die Veränderung der Pensionsrückstellung frühzeitig abgeschätzt werden, um im nächsten Jahresabschluss keine Überraschungen zu erleben.
Für eine individuelle Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um mehr über die bilanziellen Auswirkungen für Ihr Unternehmen zu erfahren.
Christian Viebrock
Principal, Mercer Deutschland GmbH
Aktuarin Grundsatzfragen, Mercer
Principal, Mercer Deutschland GmbH
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