Ein neues Kapitel beginnt
Neuauflage des zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz
03 September 2025
Das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz bekommt eine zweite Chance.
Das Gesetzgebungsverfahren
Nach einem längeren Fachdialog zur Stärkung der Betriebsrente hatte die damalige Ampelkoalition im Juni 2024 einen Referentenentwurf für ein „Zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (2. Betriebsrentenstärkungsgesetz)“ veröffentlicht, der nach den Stellungnahmen der Verbände in einen leicht veränderten Regierungsentwurf aus August 2024 mündete.
Mit dem Bruch der Regierungskoalition kam auch das Gesetzgebungsverfahren zum Erliegen. Nach fast einem Jahr, im Juli 2025, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter neuer Leitung, aber weiterhin in der Hand der SPD, einen neuen Referentenentwurf veröffentlicht. Mittlerweile liegt auch der (fast identische) Regierungsentwurf vor. Gegenüber dem Regierungsentwurf aus dem letzten Jahr hat es kaum inhaltliche Änderungen gegeben.
Die geplanten Änderungen
Der Gesetzentwurf zeichnet sich durch eine Reihe von Detailregelungen aus. Die große Reform ist ausgeblieben. Sie war vom Gesetzgeber auch nie angestrebt. Stattdessen hatte das BMAS in der letzten Legislatur sehr früh klargemacht, dass nur solche Maßnahmen umgesetzt werden sollen, bei denen ein gewisser Konsens zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften möglich ist. Dass sich das BMAS in diesem Jahr eng am damaligen Entwurf orientiert hat, zeigt, dass dies weiterhin die Zielrichtung ist. Weitergehende gesetzliche Änderungsvorschläge der Fachverbände wurden nach wie vor nicht berücksichtigt.
Die folgende Auflistung ist nicht abschließend, enthält aber doch den größten Teil der für die Praxis bedeutsamen Regelungen:
- Höhere Abfindungsgrenze von 2 % der Bezugsgröße bei einvernehmlicher Zahlung der Abfindung an die gesetzliche Rentenversicherung
- Erleichterte Abfindung bei Auflösung einer Pensionskasse
- Für den Anspruch auf eine vorgezogene Altersleistungen in der bAV reicht ab 2027 der Bezug einer Teilrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Optionssysteme (auch „Opting-Out“ genannt) auch ohne Tarifvertrag möglich bei obligatorischem Arbeitgeberzuschuss von 20 %
- Erleichterte Teilnahme Dritter an bestehenden Sozialpartnermodellen
- Keine Unwirksamkeit des Sozialpartnermodells bei mangelhafter Beteiligung der Sozialpartner
- Abfindung im Sozialpartnermodell bis zu einer beliebigen tarifvertraglichen Grenze
- Erhöhung des maximalen BAV-Förderbetrags nach § 100 EStG ab 2027 (288 Euro werden zu 360 Euro)
- Erhöhung und Dynamisierung der Einkommensgrenzen für den BAV-Förderbetrag ab 2027 (2.575 Euro mtl. werden zu 3 % der BBG, für 2025 wären es 2.898 Euro)
- Leistungen bei Pensionskassen mit Bezug der gesetzlichen Rente auch parallel zum Arbeitsverhältnis möglich
- Vorübergehende Unterdeckung auch bei Pensionskassen möglich (erfordert Sicherungsvermögensplan)
- Ratenzahlungen im Pensionsfonds möglich
- Sicherungsbeitragspuffer im Sozialpartnermodell kann zusätzlich durch Überrenditen gespeist werden
- Inanspruchnahme von Wertguthaben bis zur Regelaltersgrenze möglich (auch bei Rentenbezug)
Die Stellungnahmen
Mit dem Neubeginn des Gesetzgebungsverfahrens hatten die Verbände erneut die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die meisten Verbände haben die Möglichkeit genutzt und die Hauptpunkte ihrer bisherigen Kommentierungen erneut eingebracht.
Es gibt in der Tat erheblichen weiteren Reformbedarf!
Aus Sicht der Rechnungslegung wäre beispielsweise eine Reform des Rechnungszinssatzes nach § 253 HGB notwendig. Auch der steuerliche Rechnungszins sowie das Bewertungsverfahren für die Steuerbilanz sollten reformiert werden. Das Textformerfordernis in den §§ 4d und 6a EStG muss beseitigt werden. Aus arbeitsrechtlicher Sicht wäre es notwendig, Änderungen bestehender Versorgungszusagen zu erleichtern. Und so ließe sich die Liste beliebig fortsetzen.
Das sind aber gerade die großen Themen, bei denen kein schneller Konsens zu erwarten ist. Daher schließe ich mich der Stellungnahme der Deutschen Aktuarvereinigung an, in der appelliert wird, den Gesetzentwurf ohne weitere Veränderungen schnell zu verabschieden und weitere Reformen in einem zweiten Schritt anzugehen. Wir sollten keine Zeit damit verlieren, über schwierige Themen zu debattieren, und in der Zwischenzeit keine Änderungen bekommen. Denn:
Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.
Thomas Hagemann
Chefaktuar, Mercer Deutschland
Chefaktuar, Mercer Deutschland GmbH