Fünftelungsregelung bei teilweise kapitalisierter Betriebsrente
25 April 2024
BFH führt seine Rechtsprechung zur Fünftelungsregelung und dem Erfordernis der Zusammenballung fort.
Der Fall
BFH entscheidet im Einklang mit seiner ständigen Rechtsprechung
Der BFH entschied, dass die Fünftelungsregelung nicht anzuwenden ist, weil die als Einmalzahlung erbrachte Kapitalleistung und die monatlich laufend zu zahlenden Versorgungsleistungen auf einem Rechtsgrund beruhen und es damit an einer zusammengeballten Auszahlung in einem Veranlagungszeitraum fehlte.
Der BFH entschied damit auf einer Linie mit seiner ständigen Rechtsprechung. Danach werden außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Das Erfordernis der Zusammenballung von Einkünften wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus dem Umstand abgeleitet, dass sowohl der Wortlaut des § 34 Abs. 1 EStG als auch der des § 34 Abs. 2 EStG ausdrücklich nur „außerordentliche“ Einkünfte begünstigen. Danach liegen typischerweise keine außerordentlichen Einkünfte vor, wenn eine auf einem Rechtsgrund beruhende Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in zwei oder mehr Veranlagungszeiträumen gezahlt wird. Beruhen Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit hingegen auf unterschiedlichen Rechtsgründen, ist für jede Vergütung gesondert zu prüfen, ob insoweit infolge einer Zusammenballung außerordentliche Einkünfte vorliegen.
Eine Frage des einheitlichen oder unterschiedlichen Rechtsgrundes
Die Feststellung, ob geleistete Zahlungen auf einem Rechtsgrund oder auf unterschiedlichen Rechtsgründen beruhen, ist auf der Grundlage der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung und Auslegung der den Zahlungen zu Grunde liegenden Verträge, zu treffen.
Hier lag der Fall so, dass die Versorgungszusage zunächst im Versorgungsfall ausschließlich das Ruhegehalt, also eine laufende Rente vorsah. Später wurde dann ein Wahlrecht eingeräumt, dass das Ruhegehalt teilweise auch als einmalige Kapitalleistung ausgezahlt werden kann. Demnach ist es folgerichtig, wenn daraus der Schluss gezogen wird, dass Rente und Kapital letztlich auf dem gleichen Rechtsgrund, nämlich dem ursprünglich zugesagten Ruhegeld beruhen. Dagegen war es nicht zulässig, die Kapitalleistung für die Frage der Zusammenballung für sich zu betrachten.
Folgen für die Praxis
Mit dieser Entscheidung führt der BFH seine Rechtsprechung zur Frage der Zusammenballung konsequent fort. Insofern überrascht die Entscheidung nicht. Sie gibt aber hilfreiche Hinweise für die Praxis.
In diesem Fall, in dem eine Zusage mit der Auszahlungsform Rente nachträglich wahlweise in eine Kombination aus Rente und Kapital umgestaltet worden ist, leuchtet die Zuordnung beider Leistungsformen zu einem einheitlichen Rechtsgrund ohne weiteres ein, sind doch beide Leistungskomponenten Teile der ursprünglichen einheitlichen Zusage auf das Ruhegehalt.
Die Frage der Zusammenballung lässt sich in anderen Fallkonstellation möglicherweise nicht immer in gleicher Weise sofort eindeutig beantworten. In den meisten Fällen wird dies aber gelingen:
Denn es ist davon auszugehen, dass jedenfalls jede Versorgungszusage grundsätzlich einen eigenen Rechtsgrund bildet. Demnach kann eine Zusage auf Rente und eine Zusage auf Kapital parallel bestehen. Die Eigenständigkeit einer Versorgungszusage kann dabei an unterschiedlichen Merkmalen festgemacht werden, bspw. unterschiedlichen Rechtsbegründungsakten, Zusagezeitpunkten, Finanzierungsformen (arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanziert) oder Durchführungswegen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, dass Rente und Kapital in einem Zusagedokument geregelt werden. Selbst wenn Rente und Kapital in einem Durchführungsweg geregelt werden, können die Leistungsformen unterschiedlichen steuerlich für sich zu betrachtenden Versorgungszusagen und damit auch unterschiedlichen Rechtgründen zuzuordnen sein.
Ein Versorgungswerk, das Rente und Kapital kombiniert, kann aber im Hinblick auf die Zusammenballungsthematik prüfungsbedürftig sein. So wird man im Einzelfall nicht ausschließen können, dass das Finanzamt von einer einheitlichen Versorgungszusage und damit einem einheitlichen Rechtsgrund ausgeht, wenn bspw. Finanzierungsbeiträge zu einem Versorgungskapital führen, aus dem dann Versorgungsleistungen in Form einer Rente und einer Kapitalleistung berechnet werden und die erforderliche Zusammenballung nur dann als erfüllt angesehen wird, wenn die Versorgungsleistung ausschließlich als Einmalkapital ausgezahlt wird.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der BFH nach früherer und weiterhin gültiger Rechtsprechung in eng begrenzten Ausnahmetatbeständen die Zusammenballung noch angenommen hat, wenn eine geringfügige Nebenleistung in einem anderen Veranlagungszeitraum ausgezahlt wird, wobei eine solche Leistung jedenfalls nicht mehr geringfügig ist, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt. Daraus den pauschalen Schluss zu ziehen, man könne in jedem Fall 90 % tarifbegünstigt auszahlen, ist aber dennoch rechtlich risikobehaftet und sollte nicht ungeprüft realisiert werden. Denn der BFH hebt stets hervor, dass eine starre Prozentgrenze nicht angenommen werden kann und eine Prüfung der Außerordentlichkeit im Einzelfall dadurch nicht ersetzt werden könne (vgl. bspw. BFH, Urt. v. 13.10.2015 – IX R 46/14).
Für die Anwendbarkeit der Fünftelungsregelung auf eine Kapitalauszahlung wird es im Übrigen darauf ankommen, dass Rente und Kapital – obwohl sie in einem Versorgungswerk systematisch verbunden sind – für sich zu betrachtende Ansprüche darstellen. Dafür kommt es dann auf die inhaltliche Gestaltung der Versorgungsregelung an. Auszahlungsoptionen, die sich auf einen nach einheitlichen Grundsätzen finanzierten Versorgungsanspruch beziehen, der dann zum Teil als Rente und zum Teil als Kapital ausgezahlt wird, wird die Voraussetzung der Zusammenballung nicht erfüllen können. Ob eine Wahlmöglichkeit von vornherein in der Zusage geregelt ist oder, wie im vorliegenden Fall, erst durch spätere Zusageänderung aufgenommen wird, ist nicht entscheidend.
Ob die Fünftelungsregelung vom Arbeitgeber im vorliegenden Fall bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet wurde, ist im Übrigen im Urteilssachverhalt nicht überliefert. Da der Kläger die Anwendung aber selbst beantragt hatte, dürfte davon auszugehen sein, dass das nicht der Fall gewesen ist. Hinzuweisen ist darauf, dass die Anwendung der Fünfelungsregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren infolge der gesetzlichen Änderung durch das Wachstumschancengesetz ab dem 01.01.2025 wegfällt.
Senior Consultant, Legal & Tax Consulting, Mercer Deutschland