Erste höchstrichterliche Entscheidungen zum BRSG-Zuschuss 

02 Juni 2022

In der Entscheidung 3 AZR 361/21 hatte das Bundesarbeitsgericht neben prozessualen Fragen zu entscheiden, inwieweit die Übergangsvorschrift des § 26a BetrAVG es erlaubt, die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Zuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG auf den 01.01.2022 aufzuschieben. § 26a BetrAVG stellt nach seinem Wortlaut gleichermaßen individual- und kollektivvertragliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden, vorübergehend von der Pflicht des § 1a Abs. 1a BetrAVG frei. Es will damit „bereits bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ in ihrem Bestand schützen und nur ab diesem Zeitpunkt „neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ erfassen (BT-Drs. 18/12612 S. 32).

Mit Blick auf die umstrittene Frage, ob es für die Anwendung der Übergangsregelung des § 26a BetrAVG auf den Zeitpunkt des Abschlusses der individualrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarung ankomme, hat das Gericht nunmehr entschieden, dass dies nicht der Fall ist, wenn der zu Grunde liegende Tarifvertrag einen Anspruch auf Entgeltumwandlung enthält und ausgestaltet, er diese mithin ausdrücklich, abschließend und zwingend regelt. Da dies vorliegend der Fall war, war der Anspruch jedenfalls bis zum 01.01.2022 aufgrund kollektiver Entgeltumwandlungsvereinbarung ausgeschlossen. Ein den Arbeitsvertragsparteien laut Tarifvertrag verbleibender Gestaltungsspielraum über die Höhe des umzuwandelnden Entgelts war insoweit unschädlich.

Gleiches dürfte wohl auch bei sonstigen, einer Entgeltumwandlung zu Grunde liegenden kollektivrechtlichen Vereinbarungen (z. B. Betriebsvereinbarungen, Dienstvereinbarungen) gelten, auch wenn diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren. Offen bleibt aber, ob auch andere, vor dem 01.01.2019 für das Kollektiv der Mitarbeiter z. B. mittels Gesamtzusage oder vertraglicher Einheitsregelung eingeführte Regelwerke unter die Übergangsvorschrift fallen und es dementsprechend auch hier nicht von Bedeutung ist, ob bzw. wann der einzelne Arbeitnehmer tatsächlich Entgelt umgewandelt hat.

In der teilweisen Parallelentscheidung 3 AZR 362/21 war darüber hinaus darüber zu entscheiden, ob § 19 Abs. 1 BetrAVG ein Abweichen von § 1a BetrAVG und somit auch von der Zuschusspflicht des Arbeitgebers nach § 1a Abs. 1a BetrAVG ermöglicht. Das kann zumindest durch Tarifverträge, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes abgeschlossen worden sind, erfolgen. Gleiches gilt, so das Gericht, auch für solche Haustarifverträge, die auf ältere Tarifverträge Bezug nehmen oder ältere Tarifverträge auch nur bestätigen. Der von § 1a BetrAVG abweichende Tarifvertrag muss dafür eine von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung enthalten. Vorliegend ist dies u.a. durch Festlegungen bei den Durchführungswegen und bei der Höhe der Entgeltumwandlung erfolgt. Darüber hinaus ordnet das BAG auch die Festlegungen zum arbeitgeberfinanzierten Altersvorsorgegrundbetrag als Anreiz zur Entgeltumwandlung der Nutzen und Lasten-Verteilung zu.

Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht, ob Ansprüche aufgrund § 19 Abs. 1 BetrAVG auch dann ausgeschlossen werden können, wenn der Tarifvertrag vor dem Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschlossen wurde. Offen geblieben ist ferner ob und unter welchen Voraussetzungen bereits aufgrund eines bestehenden Entgeltumwandlungssystems gezahlte Zuschüsse auf den Zuschuss nach § 1 a Abs. 1 a BetrAVG angerechnet werden können. Das LAG Niedersachsen als Vorinstanz hatte dies im Urteil vom 31.05.2021 (15 Sa 1098/20 B) noch weit ausgelegt und mit Blick auf die insoweit gegebene Anspruchskonkurrenz eine Anrechnung für jede zusätzliche Zahlung, die der Arbeitgeber im Hinblick auf die Verwendung des Entgelts des Arbeitnehmers zum Zwecke der Bildung einer Altersversorgung vornimmt, zugelassen.

Das BAG zieht erste Leitplanken zum Arbeitgeberzuschuss ein – viele Fragen bleiben.
Über den Autor
Dr. Judith May
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