Reform der beruflichen Vorsorge – Was lange währt wird endlich gut?
04 Dezember 2023
Vor über fünf Jahren wurde am 24. September 2017 die Reform Altersvorsorge 2020 durch eine Volksabstimmung abgelehnt. Es startete ein langwieriger politischer Prozess und viele Interessengruppen konnten Ihre Ansichten zur Reform der beruflichen Vorsorge einbringen. Nachdem die Reform AHV 21 an der Volksabstimmung vom 25. September 2022 angenommen wurde, wurde am 17. März 2023 auch der Reformvorschlag BVG 21 an der Schlussabstimmung im Parlament angenommen. Es sollen die Renten gesichert, die Finanzierung gestärkt und die Absicherung von Teilzeitbeschäftigten verbessert werden.
Die wichtigsten Änderungen
Die Reform zur beruflichen Vorsorge betrifft die Mindestleistungen, die jede Vorsorgeeinrichtung mit obligatorischen Leistungen in der Schweiz zu erfüllen hat. Umhüllende Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeeinrichtungen, die rein überobligatorische Vorsorgeleistungen anbieten, sind deshalb grundsätzlich nur so weit von der Reform betroffen, wie es zur Erfüllung der Mindestleistungen erforderlich ist. Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich für jede Vorsorgeeinrichtung, sich mit den Überlegungen zur Reform auseinandersetzen und die richtigen Schlüsse für das eigene Vorsorgeangebot zu ziehen.
Die einzelnen Elemente der Reform lassen sich wie folgt zusammenfassen1:
- Eintrittsschwelle: Reduktion von 75% auf 67.5% der max. AHV-Altersrente
- Koordinationsabzug: Neu 20% des versicherbaren Einkommens2 anstatt 7/8 der max. AHV-Altersrente
- Umwandlungssatz: Reduktion von 6.8% auf 6.0% im Referenzalter 65
- Altersgutschriften: 9% im Alter 25 bis 44 resp. 14% ab Alter 45 bis zum Referenzalter gegenüber altersabhängigen Beiträgen mit vier Altersstufen
- Zuschläge für die Übergangsgeneration: Rentenzuschläge von CHF 100 bis CHF 200 pro Monat für 15 Jahrgänge, abhängig vom Jahrgang und dem vorhandenen Vorsorgeguthaben bei Pensionierung
Es handelt sich dabei um ein Paket von Massnahmen, die gemeinsam oder gar nicht umgesetzt werden. Jede einzelne Massnahme für sich verfolgt einen anderen Zweck und es wird damit politisch ein mehrheitsfähiger Kompromiss gesucht.
Eintrittsschwelle
Koordinationsabzug
Umwandlungssatz
Altersgutschriften
In Kombination mit dem tieferen Koordinationsabzug werden gesamthaft gesehen für BVG-Minimum Pläne die Beiträge für die Versicherten wie auch die Arbeitgeber erhöht, so dass ein höheres obligatorischen Vorsorgeguthaben angespart wird. Abhängig von der effektiven Ausgestaltung des Vorsorgeplanes kann dies zu tieferen Netto-Löhnen der Versicherten und zu mehr Kosten für die Arbeitgeber führen.
Die Reduktion der Sparbeiträge ab Alter 55 auf den gleichen Satz wie ab Alter 45 nivelliert demgegenüber die Kosten für die Arbeitgeber ab Alter 45. Dadurch könnten ältere Arbeitnehmende zu gleichen Konditionen länger im Arbeitsprozess verbleiben. Damit die höheren Kosten für die Arbeitgeber in Bezug auf ältere Arbeitnehmende effektiv reduziert werden können, müssen auch die umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen diesem Prinzip folgen und die Höhe der Spargutschriften mit zunehmenden Alter abflachen lassen.
Zuschläge für Übergangsgeneration
Fazit und Ausblick
Es ist davon auszugehen, dass es bei dieser Reform zu einer Volksabstimmung kommen wird. Der Erfolg an der Urne dürfte davon abhängig sein, wie der Abstimmungskampf von den einzelnen Parteien geführt wird und wie die anstehenden nationalen Erneuerungswahlen die politischen Kräfteverhältnisse verändern werden. Auch ist es zentral, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger transparent über die effektiven Massnahmen und Auswirkungen aufgeklärt werden. Die Reform hat durchaus Chancen und verfolgt gewinnbringende Ansätze. Doch es erhöhen sich die Kosten für die Versicherten und Arbeitgeber und die Komplexität nimmt zu. Auch könnte sich die Umsetzung von Rentenzuschlägen nach dem Giesskannenprinzip als eine hohe Hürde herausstellen.
Unabhängig davon werden mit der Reform Ansätze diskutiert, mit welcher sich jede Vorsorgeeinrichtung aufgrund von demographischen und ökonomischen Veränderungen auseinandersetzen sollte. Viele Vorsorgeeinrichtungen haben in Bezug auf einen nachhaltig finanzierbaren Umwandlungssatz ihre Hausaufgaben bereits gemacht. Zur zukünftigen Ausrichtung der Vorsorgelösung gehören aber auch die Überprüfung der Sparbeiträge für ältere Versicherte, die Berücksichtigung des Beschäftigungsgrades für die Festlegung des Koordinationsabzuges und eine angemessene Eintrittschwelle in den Vorsorgeplan der jeweiligen Kasse. Wir bei Mercer helfen Vorsorgeeinrichtungen bei diesen strategischen Überlegungen und bieten konkrete Hilfestellungen für die geignete strategische zukünftige Ausrichtung.
Reform der beruflichen Vorsorge: Änderung vom 17. März 2023
2 Das max. versicherbare Einkommen im BVG bleibt unverändert (3-fache maximale AHV-Altersrente)