Privatkunden wollen in Privatmärkte investieren, Vermögensverwalter müssen sich darauf gut vorbereiten
25 August 2023
Viele vermögende Privatpersonen in der Schweiz betrachten Privatmarktanlagen als wichtigen Teil ihrer Anlagestrategie.
Gemäss einer Mercer-Studie aus 2022 sind fast ein Drittel bereits investiert – hauptsächlich in Private Equity und Immobilien – und ein grosser Teil der verbleibenden Vermögenden ist stark interessiert [1]. 70 Prozent sind dabei auf der Suche nach mehr Diversifizierung, mehr als die Hälfte wollen mehr Rendite erzielen, und immerhin 7 Prozent wollen mit ihrer Investition eine grössere Wirkung erzielen, z. B. in den Bereichen Soziales und Umwelt.
Doch trotz dieser Vorteile und obwohl bei Personen mit höheren Vermögen im Schnitt mehr Anlageerfahrung und -bereitschaft zu erwarten ist, sehen überraschend viele noch einige Barrieren, die sie vom Investment in Privatmärkte abhalten: Mangelndes Wissen, ein höheres erwartetes Risiko im Vergleich zu anderen Anlageformen, höhere Kosten, vor allem bei kleineren Vermögensgrössen, die Schwierigkeit, geeignete Angebote zu finden, lange Investitionszyklen oder zu hohe Mindestanlagebeträge. Eine grosse Hürde stellt für viele vermögende Privatpersonen insbesondere auch der hohe administrative Aufwand bei der Zeichnung dar. In vielen Fällen fühlen sich diese Privatpersonen auch unzureichend von ihrer Bank oder Vermögensverwalter unterstützt, insbesondere wenn es nicht um hauseigene Lösungen geht.
Vermögensverwalter und Privatbanken müssen tätig werden
Ein Blick auf diese gefühlten und echten Barrieren zeigt relativ schnell, woran es mangelt: An Transparenz und Aufklärung zu Privatmartkanlagen und auf Privatkunden abgestimmte Anlagelösungen. Hier kommen auch die Vermögensverwalter ins Spiel: Es besteht auf Seiten der Individuen durchaus die Bereitschaft, sich mit den Privatmärkten auseinanderzusetzen, wenn die Finanzexperten ihrerseits proaktiv vorgehen und ihre Kunden mit entsprechenden Informationen und Angeboten versorgen.
Die Hälfte der potenziellen Anleger würden in einen diversifizierten Dachfonds investieren wollen, während ein Viertel es vorziehen würde, dass die Privatmärkte Teil ihres aktuellen Vermögensverwaltungsmandats sind. Auf die Frage, wie sie Zugang zu diesen Anlagen erhalten wollen, bevorzugt knapp die Hälfte ein hybrides Angebot, das aus einer digitalen Plattform in Verbindung mit einer persönlichen Beratung besteht. Ein gutes Viertel bevorzugt eine rein persönliche Beratung, während 20 Prozent rein digital vorgehen möchten. Somit bieten sich hier vielfältige Ansatzpunkte und Möglichkeiten für Vermögensverwalter, die z. B. mit Hilfe eines Privatmarktspezialisten oder durch Nutzung digitaler Plattformen ihren Kunden Zugang zu dieser spannenden Anlageklasse ermöglichen wollen. Letztere können auch bei der Überwindung bestimmter Herausforderungen helfen, z. B. durch geringere Ticketgrössen oder Möglichkeiten zum Management der Liquidität.
Ein funktionierendes Investment-Framework ist die Grundlage für erfolgreiche Privatmarkt-Anlagen
Ein wichtiger Schritt und eine Herausforderung für die Umsetzung ist auf Seiten der Vermögensverwalter häufig der Aufbau eines klaren Privatmarkt-Investmentframeworks. Im Wesentlichen besteht dies aus:
1. Festlegung des Zielkundensegments: Welchen Kunden sollen Privatmarktanlagen zugänglich gemacht werden? Mandatskunden als fester Bestandteil einer diskretionären Lösung oder nur den Beratungskunden als individuelle Anlageopportunitäten zum sukzessiven Aufbau einer strategischen Allokation.
2. Definition der strategischen Assetallokation (SAA): Welche Rolle sollen bzw. sollten die Privatmarktanlagen in den einzelnen Kundenportfolien spielen unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Risikoprofils und zur Erzielung einer möglichst effizienten Anlagestrategie? Bewertung von einzelnen SAA-Optionen hinsichtlich Umsetzbarkeit.
3. Festlegung der Anlageklassen: Welche Privatmarkt-Anlageklassen sollen effektiv im zukünftigen Angebot berücksichtigt werden? Soll zunächst mit einem Kernangebot wie bspw. Private Equity gestartet werden, um die Berater und Kunden an die Anlageklasse heranzuführen? Die Kundennachfrage spielt auch eine wichtige Rolle in der Priorisierung der umzusetzenden Bausteine.
4. Umsetzung der Anlageklassen: Wie sollen die einzelnen Anlageklassen umgesetzt werden? Die Kundengrösse und Erfahrung mit Privatmarktanlagen spielen eine wichtige Rolle, gilt es doch immer breit diversifiziert in Privatmärkten zu investieren. Fund-of-Funds-Lösungen werden in den meisten Fällen eine wichtige Rolle spielen, als Ergänzung einzelne Single Funds insbesondere für Advisory-Kunden. Nur wenige gehobene UHNWIs werden auch Interesse an Direktinvestments haben.
5. Aufbau des Offerings und Managerauswahl: Wie soll das Angebot konkret aussehen, welche Strategien und Manager sollen hierin berücksichtigt werden? Aufgrund der grossen Streuung der Renditen zwischen guten und schlechten Managern kommt der Selektion eine besonders hohe Bedeutung zu. Ein grosses Augenmerk bei der Positionierung im Markt richten erfolgreiche Anbieter daher auf einen glaubwürdigen Best-in-Class-Ansatz. Wie soll am besten die Zielallokation aufgebaut werden und wie kann eine ausreichende Diversifikation über verschiedene Vintages, Segmente und Manager sichergestellt werden? Wie werden die Kundenberater auf die neuen Anlageklassen vorbereitet und wie erfolgt der Vertrieb?
6. Sicherstellung der Governance: Wer führt die Investment- und Operative Due Diligence für die einzelnen Manager und Lösungen durch? Was ist die passende Struktur, um einen möglichst einfachen Zeichnungs-, Onboarding- und After-Sales-Prozess zu ermöglichen, bei gleichzeitigem Angebot von Lösungen auf institutionellem Niveau? Wie werden die getätigten Investitionen fortlaufend überwacht und in welcher Form kann das Monitoring erfolgen?
Fazit
Flexibilität und ein offenes Ohr für die Kundenbedürfnisse sind der Schlüssel zu Privatmarktlösungen, die für vermögende Privatpersonen funktionieren. Diese wünschen sich Zugang zu Lösungen auf institutionellem Standard, mit breiter Diversifikation über Manager mit überdurchschnittlichem Performancepotential, aber ohne die potenziellen Nachteile von grossen Ticketgrössen und komplexen Zeichnungsprozessen. Proaktive Beratung in Kombination mit Expertenwissen und -beratung sowie neuen, digital gesteuerten Anlagelösungen und Plattformen werden der Schlüssel sein, um mehr Privatpersonen Zugang zu den privaten Märkten zu verschaffen.
[1] Ergebnisse einer Studie, die von Mercer und Titanbay veröffentlicht wurde und für die 2022 über 100 vermögende Privatpersonen in der Schweiz mit einem liquiden Vermögen zwischen 500,000 und 5 Mio. CHF befragt wurden.